Karriere

Ein verlorenes Jahrzehnt für Berufseinsteiger?

Wenn der Nachwuchs fehlt: Wie KI den Berufseinstieg erschwert – und was Unternehmen jetzt tun sollten

Die Zeiten für junge Talente am Arbeitsmarkt waren selten herausfordernder als heute. Während der Fachkräftemangel in vielen Branchen weiter zunimmt, sinkt gleichzeitig die Zahl der ausgeschriebenen Einsteigerstellen dramatisch. Laut Stepstone ist der Anteil von Junior-Positionen im ersten Quartal 2025 um 45 Prozent gegenüber dem Fünfjahresschnitt eingebrochen – ein historischer Tiefstand.

Der Grund? Neben konjunktureller Unsicherheit vor allem: Künstliche Intelligenz.

Immer häufiger übernehmen KI-Tools klassische Aufgaben von Berufseinsteigern – sei es in der IT, im Consulting, im Marketing oder im Rechtswesen. Repetitive Tätigkeiten wie Fehlerbehebung im Code, Recherchen, das Erstellen von Präsentationen oder Marktanalysen lassen sich heute automatisiert in Minuten erledigen.

Was kurzfristig Effizienz schafft, droht langfristig Know-how zu vernichten. Denn ohne Einstieg keine Entwicklung – und ohne Entwicklung keine Experten von morgen.

Warum der Verlust von Einstiegspositionen ein Risiko für Unternehmen ist

Der durch KI verursachte Rückgang an Juniorrollen hat weitreichende Folgen:

  • Know-how-Aufbau gerät ins Stocken
    Ohne operative Einstiegsaufgaben fehlt Berufseinsteigern der Praxisbezug. Sie können sich nicht systematisch weiterentwickeln.
  • Fachkräftemangel wird langfristig verschärft
    KI kann viele Tätigkeiten ersetzen – aber nicht alle. Führung, Kommunikation, Kreativität, Kundenverständnis oder strategische Entscheidungen benötigen Erfahrung. Wer heute nicht in Talente investiert, hat morgen keine Experten.
  • Wissenslücken und Altersstrukturprobleme
    Unternehmen mit überalterten Belegschaften riskieren, dass Erfahrungswissen unstrukturiert verloren geht – insbesondere in Zeiten des demografischen Wandels.
  • Imageverlust als Arbeitgeber
    Eine Unternehmenskultur ohne Nachwuchsförderung wirkt wenig zukunftsgerichtet – und schreckt junge Talente ab.

Was Unternehmen jetzt tun können – 5 Lösungen gegen das KI-Nachwuchs-Dilemma

1. Neue Lernrollen schaffen

Statt klassische Juniorstellen einfach zu streichen, sollten Unternehmen neue Rollen mit KI-begleiteter Lernkurve schaffen: „AI-Assistierte Juniorpositionen“, in denen Einsteiger mit KI-Tools arbeiten, aber unter Supervision echte Verantwortung übernehmen.


2.
Wissensweitergabe systematisieren

Um Know-how nicht nur bei Seniors zu verankern, braucht es Tools und Prozesse für den Wissenstransfer: Wikis, interne Lernplattformen, Reverse Mentoring – oder sogar „digitale Zwillinge“ (digitale Dokumentation von Entscheidungen und Methoden).


3. Von Effizienz zu Wirksamkeit umdenken

Der Wegfall repetitiver Aufgaben sollte nicht nur zu Einsparungen führen, sondern zur Freisetzung von Ressourcen für Entwicklung und Innovation.


4. Partnerschaften mit Hochschulen stärken

Durch frühe Kooperation mit Bildungseinrichtungen können Unternehmen junge Talente an Praxis, Technologie und Unternehmenskultur heranführen – etwa über Werkstudentenstellen, Praxisprojekte oder Gastvorträge.


5. Employer Branding auf Nachwuchs ausrichten

Wer gezielt zeigt, wie junge Talente trotz KI einen Platz finden, positioniert sich attraktiv im Wettbewerb um kluge Köpfe: „Bei uns ersetzt KI keine Talente – sie unterstützt sie.“

Fazit: KI ersetzt Aufgaben, nicht Entwicklung

KI ist ein Gamechanger – gerade auf Ebene des Juniorlevels. Doch Unternehmen, die daraus nur eine kurzfristige Effizienzstrategie machen, sägen langfristig an ihrem eigenen Fundament. Die Herausforderung besteht darin, Einsteigerrollen neu zu denken, nicht sie ersatzlos zu streichen.

Wer jetzt gezielt in zukunftsfähige Einstiegsmöglichkeiten investiert, baut nicht nur Brücken für den Nachwuchs – sondern sichert auch die eigene Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit.

Quellen:

Stepstone: https://www.stepstone.de/e-recruiting/hr-wissen/arbeitsmarkt/recruiting-trends/

Handelsblatt: https://www.handelsblatt.com/technik/ki/arbeitsmarkt-ki-verdraengt-berufseinsteiger-welche-skills-jetzt-gefragt-sind/100144856.html