Recruiting

Gehaltsangaben in Stellenanzeigen: Vor- und Nachteile

Wie relevant werden Gehaltsangaben in Stellenanzeigen 2023?

Die Suche nach qualifizierten Arbeitskräften ist heute aufgrund des Fachkräftemangels herausfordernder denn je. Recruiting Prozesse müssen schlank und barrierefrei konzipiert sein, damit interessierte Bewerber: innen auf keinen Fall abspringen. Und neben der bestmöglichen Identifikation von geeigneten Kandidaten: innen, einer überzeugenden Ansprache und einer diskriminierungsfreien Auswahl beschäftigt Recruiter: innen derzeit ein weiteres Thema, zumindest im deutschsprachigen Raum: Gehaltsangaben in Stellenanzeigen!

Aber warum polarisiert dieses Thema so sehr? In Österreichsind Gehaltsangaben in Stellenanzeigen seit 2011 gesetzlich vorgeschrieben. Dies bezieht sich zwar nur auf das gezahlte Mindestentgelt, doch häufig werden hier auch mögliche Überbezahlungen angegeben. In Deutschland kennt man Gehaltsangaben in Stellenanzeigen lediglich bei Positionen im Öffentlichen Dienst. Hier werden zumindest die Eingruppierungsstufen kommuniziert. Doch zunehmend veröffentlichen auch Job Plattformen wie StepStone oder Business Netzwerke wie Xing Prognosen zum Gehalt. Leider mit teils fragwürdiger Qualität und entsprechenden Fehleinschätzungen.

Welche Vor- und Nachteile die Veröffentlichung von Gehaltsangaben in Stellenanzeigen mit sich bringen, das erklären wir hier in unserem Magazinbeitrag.

 

Vorteile:

Gleichberechtigung und Fairness

Indem Arbeitgeber: innen von Beginn an transparent die Gehaltsrange kommunizieren, haben Bewerber: innen eine bessere Möglichkeit, das Stellenangebot im Kontext ihrer Qualifikation und Berufserfahrung einzuschätzen– ganz unabhängig von ihrem Geschlecht, der Ethnie oder anderen Faktoren. Die Angabe von Gehaltsranges reduziert damit auch die Gefahr einer Diskriminierung und schafft eine gerechtere Basis für Verhandlungen. Diese Transparenz fördert Chancengleichheit.

 

Zeit- und Ressourceneinsparung

Die offene Kommunikation von Gehaltsangaben in Stellenanzeigen spart Zeit und Ressourcen – und zwar für Arbeitgeber: innen und Bewerber: innen. Indem Unternehmen von Anfang an ihre Gehaltsvorstellungen offen legen, können Bewerber: innen sofort entscheiden, ob das Angebot zu ihren finanziellen Erwartungen passt oder nicht. Dadurch werden unpassende Bewerbungen vermieden, der Auswahlprozess gestaltet sich effizienter und es bleibt mehr Zeit, sich jeweils auf die Kandidaten: innen zu konzentrieren, die das Gehaltsgefüge des Unternehmens für sich als angemessen empfinden. Durch diese Transparenz werden Enttäuschungen am Ende eines langen Auswahlprozessvermieden.

 

Attraktivität für potenzielle Talente

In einer Zeit, in der der Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte zunimmt, signalisiert die Offenheit bezüglich des Gehalts auch ein hohes Maß an Vertrauen und Authentizität. Bewerber: innen fühlen sich von den Unternehmen stärker angezogen, die von Beginn an klare Informationen über das Gehalt bieten und somit eine solide Grundlage für Verhandlungen schaffen. Diese Transparenz zahlt somit positiv auf das Employer Branding ein.

 

Trotz zahlreicher Vorteile gibt es aber auch einige Herausforderungen zu beachten, wenn es um die Angabe von Gehältern in Stellenanzeigen geht.

Einschränkung bei der Gewinnung von Top-Talenten

Die Angabe von Gehältern in Stellenanzeigen kann den Verhandlungsspielraum für Arbeitgeber: innen einschränken. Wenn der Gehaltsrahmen von Beginn an kommuniziert wird, nehmen sich Unternehmen die Flexibilität, individuelle Vereinbarungen zu treffen oder herausragende Kandidaten: innen mit höheren Gehaltsforderungen zu gewinnen. Denn Letztere werden sich voraussichtlich erst gar nicht bewerben. Dies kann im schlimmsten Fall zu Einschränkungen bei der Gewinnung von Top-Talenten führen. Insofern ist es wichtig, ausreichend Raum für Verhandlungen zu lassen und individuelle Bedürfnisse zu berücksichtigen.

 

Anspruchsinflation

Transparenz bei Gehaltsangaben vor dem eigentlichen Auswahlprozess birgt die Gefahr einer Anspruchsinflation. Ist den interessierten Bewerbern: innen von Beginn an die maximale Zahlungsbereitschaft der Arbeitgebenden bekannt, kann dies dazu führen, dass dieses Maximum gefordert wird, obwohl der eigentliche Gehaltswunsch ursprünglich niedriger war. Dies wiederum kann die Gehaltsverhandlungen am Ende des Auswahlprozesses erschweren. Insbesondere, wenn Bewerber: innen sich gedanklich auf das höhere Gehalt eingestellt haben, der Arbeitgebende aber aufgrund der Qualifikation und Erfahrung nicht bereit ist, diesem Wunsch nachzukommen.

 

Wettbewerbsverzerrungen

Und letztlich kann die Nennung von Gehaltsangaben auch zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Dies könnte insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen treffen, die zumeist etwas niedrigere Gehälter als große Konzerne zahlen. Wenn ein Unternehmen höhere Gehälter als die Konkurrenzangibt, führt dies schnell dazu, dass Bewerber: innen von vornherein nur nach Angeboten ab einer gewissen Gehaltsrange suchen. Dies wäre insbesondere für Unternehmen mit begrenzten finanziellen Ressourcen problematisch. Zumal es neben dem Gehalt auch zahlreiche weitere Benefits gibt, die ein etwas niedrigeres Gehalt mehr als ausgleichen können.

 

Das sagen unsere eigenen Recruiting-Expert: innen zu dem Thema

Unsere Recruiter: innen sind der Meinung, dass Gehaltsangaben in Stellenanzeigen immer relevanter werden. Auch sie nennen die bereits genannten Aspekte wie Zeitersparnis durch schnellere Prozesse, höhere Rückmeldequoten kontaktierter Kandidaten: innen sowie eine gesteigerte Motivation zu einem beruflichen Wechsel. Allerdings merken auch sie an, dass die gezahlten Gehälter teils stark variieren – nach Branche, nach Region, aber auch nach der Unternehmensgröße. Gerade kleinere Unternehmen könnten hier ins Hintertreffen geraten.