Employer Branding

Neue Arbeitswelten erfolgreich gestalten

Der Schlüssel zum effektiven Change-Management

Obwohl Wandel und Veränderung kein neues Phänomen darstellen, gewinnt der Teilbereich Change-Management sowohl in der Management-Lehre als auch in der Unternehmenspraxis zunehmend an Bedeutung. Insbesondere die Digitalisierung und Globalisierung, aber auch die aktuelle Weltkonjunktur tragen zur maßgeblichen Notwendigkeit strategischer Transformation in Unternehmen bei. Um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen vor allem flexibel auf Veränderungen reagieren können und gleichzeitig auch ihren Mitarbeiter: innen ausreichend Flexibilität bieten. Dies gelingt unter anderem durch die Einführung flexibler Arbeitsformen, die sich in unterschiedlicher Weise gestalten lassen. Wird sich im Unternehmen für bestimmte Flexibilisierungsmaßnahmen entschieden, müssen diese auch erfolgreich eingeführt und nachhaltig umgesetzt werden. Dafür müssen die ‚Spielregeln‘ des Change-Managements bekannt sein, die im Folgenden näher erläutert werden.

Was ist Change-Management?

Laut Definition kann Change-Management als die „zielgerichtete Analyse, Planung, Realisierung, Evaluierung und laufende Weiterentwicklung von ganzheitlichen Veränderungsmaßnahmen in Unternehmen“ beschrieben werden (Vahs & Schäfer-Kunz, 2012). Ziel ist es, ein Unternehmen von einem bestimmten Ist-Zustand zu einem erwünschten Soll-Zustand weiterzuentwickeln, um die Effizienz und Effektivität aller Unternehmensaktivitäten nachhaltig zu steigern.

Der integrative Ansatz zum Change-Management

Der integrative Ansatz des Change-Managements ist ein Modell, bei dem der Change-Prozess in zwei Ebenen unterteilt wird: Die Sachebene und die psychologische Ebene (siehe Abbildung). Auf der Sachebene erfolgt die Analyse, Planung, Umsetzung sowie die Kontrolle und Weiterentwicklung der Change-Maßnahmen. Auf psychologischer Ebene wird Bezug auf die drei Phasen nach Kurt Lewin (1947) genommen: Unfreezing, Changing, Refreezing. Zunächst muss bei den Mitarbeiter: innen die Motivation zur Veränderung geweckt werden, beispielsweise durch Aufklärung über die Nachteile des Ist-Zustands. In der Phase der tatsächlichen Veränderung gilt es, die aktive Beteiligung der Mitarbeiter: innen zu gewährleisten. Im letzten Schritt muss die Veränderung stabilisiert und integriert werden.

Abbildung 1: Integrativer Ansatz des Change ManagementsQuelle: Vahs & Weiand (2020)

Flexibilität und Flexibilisierung in der Arbeitswelt

Flexibilität gilt als Potenzial und beschreibt aus sozialwissenschaftlicher Perspektive ein Handlungssystem, das einen Vorrat an Handlungsalternativen zur Verfügung stellt. Flexibilisierung ist dessen Herstellung und wird dann wirksam, wenn ein solches System rasch und unvorhersehbar mit wechselnden Anforderungen der Umwelt konfrontiert wird. Es handelt sich demzufolge um eine Wechselwirkung, die zwischen individuellen und kollektiven Akteuren und deren Umwelt entsteht.

Im Hinblick auf Arbeitsflexibilität werden die relevanten Akteure durch die Institution bzw. das Unternehmen und deren Mitarbeiter repräsentiert. In diesem Zusammenhang ergeben sich zwei Möglichkeiten. Entweder haben die Mitarbeiter die Bereitschaft, sich auf wechselnde institutionelle Bedingungen einzustellen oder die Institutionen sind im Stande, sich auf die rasch verändernden Anforderungen der Angestellten einzustellen. Flexibilität kann sowohl als Potenzial der Institutionen als auch der Akteure verstanden und beobachtet werden kann.  

Formen und Relevanz flexibler Arbeit

Mobil-flexibles Arbeiten beschreibt alle Formen des Arbeitens, die sowohl an anderen Orten als auch zu verschiedenen Zeiten verrichtet werden können. Für die Sicherstellung zeitlicher Flexibilität gelten Modelle wie Teilzeit, Gleitzeit, selbstbestimmte Arbeitszeiten, Arbeitszeitkonten, Eltern- und Pflegezeit sowie Sabbaticals als die Gängigsten. Räumliche Flexibilität wird zum Beispiel ermöglicht durch Home-Office-Regelungen oder flexible Sitzordnungen. Darunter fällt ‚Desksharing‘ als ein verbreitetes Konzept, das vorsieht, dass Sitzplätze im Büro von mehr als einem oder einer Angestellten genutzt werden können.

Auch das Konzept ‚Workation‘ wird zunehmend attraktiver für Arbeitnehmer: innen, denn es bietet die Möglichkeit, während der Arbeitszeit an schönen Orten zu verweilen. Doch warum sind flexible Arbeitsmodelle wichtig für Unternehmen?

Flexibilität bietet nicht nur Potenziale für die Arbeitgebenden – beispielsweise durch Einsparung von Mietkosten bei Home-Office und Desksharing-Konzepten. Auch die Arbeitnehmer:innen profitieren von flexiblen Arbeitsformen. Studien zeigen, dass flexible Arbeit zu zeitlicher und emotionaler Entlastung führt, Sabbaticals das Freizeitvergnügen steigern (und die Arbeitszufriedenheit dadurch insgesamt gesteigert wird (Carstensen, 2020; Kröll & Nüesch, 2019). Insbesondere durch die jüngeren Generationen wurde der Wunsch nach Flexibilität am Arbeitsplatz verstärkt. Handelt es sich also um eine Win-Win-Situation? Ja – sofern die Veränderung durch passende Maßnahmen umgesetzt und nachhaltig etabliert wird.  

Geeignete Change-Management Maßnahmen zur Einführung flexibler Arbeitsformen:

  1. Mitarbeiterbefragung

Mit der direkten Befragung der Betroffenen wird sichergestellt, dass sie von Beginn an in den Change-Prozess eingebunden werden. Durch standardisierte und anonymisierte Fragebögen kann sich ein Unternehmen ein allgemeines Stimmungsbild, also Wertungen, Erwartungen, Anforderungen oder Bedürfnisse seiner Mitarbeiter:innen einholen, um die Unternehmenskultur, das Betriebsklima oder das Führungsverhalten zu analysieren. Ziel ist es, Stärken und Schwächen zu ermitteln sowie Verbesserungspotenziale aufzudecken. Auf Grundlage der Ergebnisse können Veränderungsvorhaben abgeleitet und umgesetzt werden. Wird durch eine Mitarbeiterbefragung zum Beispiel ermittelt, dass ein Großteil der Belegschaft sich für mehr mobiles Arbeiten ausspricht, kann konkret an Home- Office-Regelungen oder Workation-Lösungen gearbeitet werden. Mitarbeiterbefragungen werden aber nicht nur in der Analyse-Phase eingesetzt, sondern können später auch zur Evaluation und Kontrolle genutzt werden.

  1. Kommunikations-Matrix

Das A und O beim Change-Management ist die zielgerichtete und erfolgreiche Kommunikation. Deswegen macht es Sinn, in der Planungsphase auf unterstützende Tools wie die Kommunikations-Matrix zu setzen, die folgende Parameter beinhaltet: Zu Beginn muss die relevante Zielgruppe definiert werden. Wenn es sich beispielsweise bei der Einführung einer neuen Desksharing-Policy nur um eine bestimmte Abteilung handelt, sollte bereits in der Planungsphase entschieden werden, ob und inwieweit die anderen Kollegen in die Kommunikation dieser Änderung eingebunden werden. Dies geht mit der Definition des Kommunikationsbedarfs einher. Welche Informationen sind für die Zielgruppen relevant? Anschließend sollte das Ziel der Kommunikation festgelegt werden, damit im Vorfeld feststeht, was durch die Kommunikation erreicht werden soll. Zuletzt muss entschieden werden, welches Medium sich zur Kommunikation am besten eignet und zu welchem Zeitpunkt die Informationen kommuniziert werden sollen. Am Beispiel der Einführung einer neuen Desksharing-Policy sollten betroffene Mitarbeiter optimalerweise schon frühzeitig über das Vorhaben informiert werden. Waren sie es zuvor gewöhnt, ihren festen Sitzplatz zu haben und dies möglicherweise sogar in kleinen Büros mit viel Privatsphäre, ist ein Open-Space-Konzept mit wechselnden Arbeitsplätzen sicherlich eine Umstellung und nicht zwangsläufig im Interesse aller Betroffenen. Es ist mit Widerständen seitens der Belegschaft zu rechnen. Bei frühzeitiger Kommunikation kann diesen bereits entgegengewirkt werden.

  1. Training und Partizipation

Bei der tatsächlichen Projektrealisierung ist es weiterhin erforderlich, die Mitarbeiter:innen einzubinden und ggf. auf die Veränderungen zu schulen. Dies kann vor allem bei technologischen Neuheiten, wie zum Beispiel der Einführung eines neuen Messenger-Programms sinnvoll sein. Je nach Change-Ausmaß sollte in jedem Fall sichergestellt sein, dass alle Betroffenen über die Neuheiten aufgeklärt sind, beispielsweise über das Intranet, den Newsletter oder die Führungskräfte.  

  1. Kaizen

Letztendlich lebt eine gute Veränderung dadurch, dass sie nachhaltig ist und es zu keiner Rückkehr in alte Muster kommt. Dafür ist die letzte Phase der Kontrolle und Verbesserung unabdingbar. Eines der Instrumente für eine kontinuierliche Verbesserung ist Kaizen, dessen Kern die Veränderung zum Besseren in kleinen Schritten ist. Das Konzept soll sicherstellen, dass alle Mitarbeiter:innen am Verbesserungsprozess beteiligt sind. Wurden also neue Modelle flexiblen Arbeitens eingeführt, sollten diese ständig beobachtet und gegebenenfalls optimiert werden. Im Falle einer Desksharing-Policy könnte nach Einführung beispielsweise eine erneute Mitarbeiterbefragung durchgeführt werden, um zu prüfen, wie sich das Konzept in der Praxis bewährt. Sollte es Mängel geben oder nicht das gewünschte Ziel erreichen, muss das Konzept überarbeitet werden. Es wird deutlich, dass die Change-Management-Maßnahmen teilweise nicht nur einer bestimmten Phase zuzuordnen sind, sondern in mehreren Prozessschritten auftauchen können.  

Emotionale Widerstände als zentrale Herausforderung

Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass rund drei Viertel aller Change-Projekte scheitern. Dies ist hauptsächlich auf die Widerstände der Belegschaft zurückzuführen, da die Mitarbeiter:innen eine zentrale Rolle in Veränderungsprozessen spielen und häufig nicht ausreichend eingebunden werden. Grundsätzlich neigen Menschen dazu, Fremdes abzulehnen und es kommt häufig zur Begünstigung von Vorurteilen. Außerdem haben sie den generellen Hang, auf Freiheitseinschränkungen mit Widerstand zu reagieren. Eine der wohl relevantesten Ursachen ist eine missverständliche Kommunikation. Widerstände können sich dann in verschiedenen Formen äußern: Widerspruch, Aufregung, Ausweichen oder Lustlosigkeit. Umso wichtiger ist es also, den Change-Prozess umfänglich zu planen, gezielte Maßnahmen und Tools zu wählen und nicht nur die Sachebene, sondern auch die psychologische Ebene ausreichend zu bedienen.

Unser Fazit

In einer Zeit rasanter technologischer Fortschritte und globaler Herausforderungen ist Change-Management mehr als nur ein Schlagwort – es ist eine unverzichtbare Disziplin für Unternehmen, die in einem sich ständig wandelnden Marktumfeld wettbewerbsfähig bleiben möchten. Durch die Einführung flexibler Arbeitsformen und die Berücksichtigung sowohl der sachlichen als auch der psychologischen Aspekte des Change-Managements können Unternehmen ihre Teams erfolgreich durch den Wandel navigieren. Dabei ist eine ganzheitliche Betrachtung erforderlich, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt und kontinuierliche Verbesserung als Teil der Unternehmenskultur versteht. Change-Management ist somit kein einmaliges Projekt, sondern eine fortlaufende Aufgabe, die Offenheit, Flexibilität und Engagement aller Beteiligten erfordert, um den gemeinsamen Erfolg zu sichern.

Quellen:

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